Elternsprechtag – Zeit für die jährliche Teambesprechung!
Es ist soweit! Wie immer im späten Herbst werden die Termine für die Elternsprechtage vergeben.
Zehn Minuten um sich über das eigene Kind auszutauschen, Fragen zu stellen, Antworten zu erhalten. Informationen über die bisherigen Leistungen des Kindes und wo eventuelle Schwierigkeiten liegen.
Zehn Minuten, um Kontakte zu knüpfen, sich aufeinander einzustimmen und einzulassen, sich auszutauschen, zu fragen und zu antworten. Halt Moment, das geht sich in zehn Minuten gar nicht wirklich aus, vor allem dann, wenn sich die Gesprächspartner fremd sind, sich zum ersten Mal begegnen und nichts von einander wissen, außer den Namen des betroffenen Kindes und der bisher erbrachten Leistungen.
Gut in der Volksschule, wo es einen fixen Klassenlehrer gibt, der meist auch einen Großteil der Fächer unterrichtet ist es einfacher, denn der Pädagoge, kennt das Kind besser und weiß auch meist mehr über dessen Lebensumstände. Aber in der Mittelschule und der AHS, wo maximal 4, 2 oder sogar nur 1 Wochenstunden in einer Klasse verbracht werden, ist es schon schwieriger bis November oder Dezember die Namen den richtigen Gesichtern zuzuordnen. Und so kommt es schon mal vor, dass die Noten jenes Kindes vorgelesen werden, das zufällig den gleichen Vornamen trägt. Die Verwechslungskomödie beginnt!
Tür auf – Tür zu und das im 10-Minuten-Takt für beide Gesprächspartner anstrengend, für den Lehrer, der sich in Sekunden auf den nächsten Gesprächspartner einstellen muss und für die Eltern, die treppauf, treppab durch das Schulhaus eilen und schnaufend durch die Tür stürzen oder angespannt wartend vor der Tür lauern, in der Hoffnung sie möge sich bald öffnen.
Vor der Tür… Hektische Eltern, schwitzende Väter, bleiche Mütter, gestresste Gesichter, angespannte Minen, verdrehte Augen, verzweifeltes Lächeln, „Ha, jetzt hab ich’s ihm aber gegeben“ – Gesten, Wut, erschöpfter, starrer Blick, aber auch fröhliche und heitere Gesichter. Alles schon gesehen auf einem Elternsprechtag, auch so manche Träne.
Hinter der Tür… Müder Lehrer, erschöpfter Blick, aufgesetztes Lächeln, leere Augen, nichtssagende Floskeln, distanzierte Gesten, hektische Blicke auf die Uhr, Verteidigungshaltungen, gespielte Coolness, Interesse, Desinteresse, Freundlichkeit, ruhige und gelassene Ausstrahlung, Erleichterung.
Ja, so ein Elternsprechtag, der verlangt uns viel ab!
Umso wichtiger ist es nicht in die Elternsprechtag-Falle zu tappen. Sich nicht der Gefühlsmasse im Schulhaus hinzugeben, sondern bei sich zu bleiben, sich auf die eigenen Gefühle konzentrieren und seinem Innersten, dem Herzen und dem Bauchgefühl zu folgen.
Wie alles im Leben braucht auch das 10- Minuten-Gespräch Zeit und Vorbereitung. In der Volksschule ist das überschaubar. Meist nur ein oder zwei Lehrer zu deren Gespräch Eltern geladen sind. Mit zunehmendem Alter der Kinder steigt die Anzahl der Lehrer, die besucht werden sollten, oder eben auch nicht. Denn es steht jedem Elternteil frei, ob er die Möglichkeit des Elternsprechtags in Anspruch nimmt.
Warum gehst du zum Elternsprechtag?
Der Antrieb einen Elternsprechtag zu besuchen liegt bei jedem an anderer Stelle. Den Einen treibt das Pflichtgefühl, den Anderen der Frust über das Verhalten eines Lehrers oder über die schlechte Note, die verteilt wurde. Den Einen treibt die Sorge um den Abschluss des Kindes und den Anderen die Angst. Der Eine möchte Veränderungen im Unterricht erreichen, der Andere findet das verlangte Pensum zu hoch.
Jeder hat seine ganz individuellen Beweggründe.
Ich gehe nun seit 9 Jahren zum Elternsprechtag und habe verschiedenste Stadien der Motivation für den Sprechtag oder die Sprechstunde durchlaufen. Doch seit einigen Jahren steht für mich das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund, Feedback geben und Fragen stellen. Feedback geben und Nachfragen bilden eine wirklich gute Gesprächsbasis für diese 10 Minuten. Damit kann ich den Gesprächspartner auch besser kennenlernen und besser verstehen. Gleichzeitig signalisiere ich mein Interesse und stelle mich als Gesprächspartner und Teampartner zur Verfügung. Meine Ziele werden stets positiv formuliert. Positive Haltungen und Gedanken bewirken positive Ergebnisse, auch wenn es um kritische Themen geht.
Wie bereite ich mich auf den Elternsprechtag vor?
- Terminliste planen
Termine so verteilen, dass genügend Zeit ist sich auf den nächsten Gesprächspartner einzustellen! Einmal durchschnaufen und sich etwas bewegen wirkt Wunder.
- Notizen vorbereiten
Ziele des Gesprächs, Fragen und Feedback auf Papier sind gute Gedankenhilfen für dich! Gib dir die notwendige Orientierung, du bist gut vorbereitet und kannst die 10 Minuten gut nutzen. (Weiter Informationen zu Zielsetzung und Fragen richtig formulieren gibt’s in meinem Blogeintrag „Ein gutes Gespräch zur rechten Zeit“
- Selbstfürsorge
Je länger du am Elternsprechtag beschäftigt bist, umso wichtiger ist die richtige Versorgung mit Wasser, Kaffee, Tee oder einem Snack. Denke in den Pausen auch immer wieder an dich und deine Bedürfnisse und stille sie. Wenn du gut versorgt bist geht alles gleich besser.
Wenn du nun bemerkst, dass Ziele, Feedback und Fragen den Rahmen von 10 Minuten sprengen, ist es ratsam sich einen Termin in der Sprechstunde zu reservieren. Es ist sehr unbefriedigend für alle, aber vor allem für dich selbst, wenn die Zeit knapp ist und nur die Hälfte besprochen werden kann.
Gerade wenn dein Kind mit einem der Lehrer oder in einem Fach Schwierigkeiten hat, ist es ratsam die Sprechstunde zu besuchen. Diese bietet mehr Zeit, um alle Fragen in Ruhe zu besprechen und für bestehende Probleme Lösungen zu finden.
Es kommt auf die Haltung an
Viele Eltern bereiten sich für die Gespräche am Elternsprechtag gut vor, aber erleben oft, dass Lehrer weniger gut vorbereitet sind, auf welche Weise das auch immer von Eltern wahrgenommen wird.
Ich denke es ist manchmal weniger das „Nicht-vorbereitet-sein“, sondern die Haltung, die wahrgenommen wird.
Eltern, deren Kinder in der Schule gute Noten haben, werden oft mit dem Satz, „Was machen denn sie da, es ist ja eh alles in Ordnung?“ begrüßt. Eltern irritiert das, sie fühlen sich unerwünscht und vielleicht auch beschämt, weil sie sich einen hart erkämpften Platz am Elternsprechtag gesichert haben, der aber einem „schlechten“ Schüler mehr zustehen würde, als ihnen.
Eltern tragen sich einen Termin beim z.B. Werklehrer oder Zeichenlehrer ein, um ihn kennen zulernen oder ihm zu sagen, dass das Kind gerne den Unterricht besucht. Und der Lehrer fragt schon vor dem Sprechtag das Kind im Unterricht, ob es Probleme gibt und was denn los sei, da sich die Eltern einen Termin eingetragen haben. Auch nicht sehr einladend.
Umgekehrt bei Schülern, die nicht so herausragende Leistungen erbringen wird das Kind schon vorher gefragt, warum die Eltern vielleicht nicht zum Elternsprechtag erscheinen oder auch am Elternsprechtag werden nur die schlechten Leistungen verlesen, aber wenig bis keine Unterstützungsmöglichkeiten geboten.
Ja, und für alle, deren Kinder bereits 14 Jahre oder älter sind. Der Elternsprechtag darf auch dann noch genutzt werden und es ist nicht seltsam oder unnötig, dass Eltern diejenigen kennen lernen möchten, die ihre Kinder unterrichten und wissen wollen, was in der Schule so läuft.
Der Elternsprechtag sollte eine Möglichkeit der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule sein. Alle gemeinsam sollten wir ein Team sein, in dem jeder seine Rolle hat. Jede Rolle ist wichtig, sollte anerkannt und respektiert werden. Im Mittelpunkt steht die bestmögliche Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen. Wir Erwachsenen bilden den sicheren Rahmen, damit die Ausbildung gelingen kann. Und unsere Teambesprechung findet zumindest einmal im Jahr am Elternsprechtag statt. Kein Gegeneinander – ein Miteinander! So kann Teamarbeit gelingen!
Ein Schlussgedanke!
Wir alle wünschen uns eines, „gesehen zu werden“, Lehrer und Eltern. Wir möchten gesehen werden indem was wir tun, unsere Anstrengung, unser Einsatz, unsere Gefühle, unsere Ängste. Vielleicht gelingt es uns ein Stück dieses wohlwollenden „Ich sehe dich!“ in diese 10 Minuten zu verpacken zum Wohle der Kinder und Jugendlichen, der Unterrichtenden und für uns selbst.
Alles Liebe
Christa