Schularbeitenzeit. Pausenlos Stress, schlechte Laune und Streit. Meine Kinder zeigen Verhaltensweisen wie vor Jahren, als sie noch viel kleiner waren.
Man geht sich gegenseitig auf die Nerven. Wut. Schon wieder braucht einer was. Schlechte Noten. Verzweiflung. Enttäuschung. Wiederholungsschularbeit. Erschöpfung.
Stress. Jeder kennt ihn! Ein mehr oder weniger liebgewonnener Gast.
Aber Vorsicht: Für unseren Lernerfolg ist Stress nur in Maßen hilfreich!
Das Wichtigste über Stress
Das Wort Stress geht auf den österreichisch-ungarischen Wissenschaftler Hans Selye (1907 – 1982) zurück.
Stress (engl. für Druck, Anspannung) bezeichnet eine durch äußere Reize hervorgerufene psychische und physische Reaktion bei Lebewesen und die dadurch entstehende körperliche und geistige Belastung.
Wenn wir Stress haben, ist dies eine Reaktion auf eine Bedrohung. Es ist eine Kampf- oder Fluchtreaktion, die uns als Schutzmechanismus zum Überleben dient.
Wir reagieren in Stresssituationen individuell. Das heißt, jeder reagiert auf ein und dieselbe Stresssituation unterschiedlich.
Wovon hängt das ab?
Die erste Stressreaktion in unserem Körper läuft bereits ab, ohne dass wir auch nur einen einzigen Gedanken verschwenden. Über einen oder mehrere Sinne gelangt die Information „Gefahr!“ zu unserem Gehirn und dort wird sofort Alarm geschlagen.
Eine Reihe körperlicher Vorgänge, Reaktionen und hormonelle Abläufe kommen in Gang. Pupillen weiten sich, wir beginnen zu schwitzen, unser Herz schlägt schneller, Adrenalin wird ausgeschüttet, usw.
Zusätzlich findet in uns eine Bewertung der Bedrohung statt. Unser Gehirn überprüft, ob die Gefahr bekannt ist und tatsächlich eine Bedrohung für uns darstellt oder nicht.
Diese Bewertung entscheidet über die Intensität unserer Stressreaktion. Wenn die vermeintliche Gefahr von uns als lebensbedrohlich eingestuft wird, verstärkt sich die Stressreaktion. Umgekehrt nimmt die Stressreaktion ab, wenn die Situation nach der ersten Schrecksekunde von uns als harmlos eingeschätzt wird.
Unsere Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben, aber auch Erzählungen von Gefahr und Bedrohung beeinflussen unsere innere Bewertung von Stress.
Diese Erklärung macht ersichtlich, warum uns Wörter wie Lernen, Schule, Mathematik und Tafel manchmal schon in Stress versetzen. Unser Gehirn, unser Körper, reagiert auf die Erinnerungen und Erfahrungen.
In mir löst es aber auch eine Stressreaktion aus, wenn mein Kind durch die Schule in Stress kommt. Es fühlt sich einerseits an, als wäre ich wieder in meine eigene Schulzeit zurückversetzt und alle Verletzungen, die mir dort zugefügt wurden, kommen wieder hoch. Wenn mein Kind dann noch ähnliche Situationen erlebt, verstärkt sich mein Stress. Gefühle wie Wut und Verzweiflung kommen in mir hoch. Meine Gefühle und oft auch unbedachten Worte wirken wiederum auf mein Kind und bewirken in ihm zusätzlichen Stress. Das schaukelt sich auf und wird zu einem familiären Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.
Für mich ist es wichtig, aus dem Stress herauszukommen, denn nur so kann ich meinen Kindern eine stressfreie Lernsituation bieten.
Das bedeutet: ich arbeite zuerst an mir selbst!
Ich finde es immer richtig und wichtig, in mich hinein zu spüren. Wie es mir geht, was mich bewegt, was ich möchte und was ich brauche.
Für mich ist Muttersein eine wertvolle und sehr erfüllende Aufgabe, jedoch auch sehr intensiv, herausfordernd und mitunter anstrengend.
Ereignisse in der Familie überschlagen sich immer wieder. Das bringt Familienleben eben so mit sich und macht das Leben so lebendig. Wenn dann zum alltäglichen Chaos auch noch der Schulstress hinzukommt, bleibt meist wenig Zeit für mich, wenn ich mir nicht rechtzeitig meiner Gedanken und Bedürfnisse bewusst werde.
Besonders zu Schularbeitszeiten, wo meine Koordination des Tagesablaufs, meine Geduld und die Ausdauer beim Erklären und Beistehen gefordert sind, ist es für mich wichtig, immer wieder neu zu überprüfen, ob noch alles so läuft, wie ich mir das überlegt habe, oder ob es Zeit für etwas Neues ist.
Wie kann die Situation, die wieder eskalierte, entschärft werden?
Was brauche ich, um stark sein zu können und was muss ich loslassen?
Ich möchte wieder zur Ruhe kommen, bewusst mein Leben mit meiner Familie gestalten und nicht vom Stress mitgerissen werden. In stressigen Zeiten hilft mir eine Auszeit in Form einer mentalen Reise. Es hilft mir, Dinge und Situationen neu zu sehen. Mein Stresspegel sinkt und ich kann motiviert neue Herausforderungen angehen.
Für all jene, die Lust haben das auszuprobieren aber nicht genau wissen, wie sie das angehen sollen, habe ich hier meine „Reise zum Kraftplatz“ aufgeschrieben.
Ich nenne es: „Mein Kraftplatz“
- Ich setze oder lege mich bequem an einen ruhigen Platz, an dem mich keiner stören kann und schließe die Augen.
- Ich atme ein paarmal ein und aus, bis ich merke, dass mein Atem gleichmäßig und ruhig ist.
- Gedanken dürfen kommen und gehen. Störende Gedanken atme ich bewusst aus.
- Ich lasse in meinem Kopf ein Bild entstehen. Ein Bild von einem Platz in der Natur, der mir gut gefällt, an dem ich mich wohl fühle und der mich stärkt. Es kann ein mir bekannter Platz sein oder ein Bild von einem Platz, den ich mir erträume.
- Vielleicht sehe ich das Bild des Platzes oder ich sehe mich an diesem Platz in der Natur.
- Vielleicht ist dort Wasser, das rauscht oder Tiere, die Geräusche machen.
- Vielleicht ist es dort ganz still.
- Vielleicht scheint mir die Sonne warm in mein Gesicht.
- Ich genieße diesen Augenblick und tanke Kraft. Es ist mein Kraftplatz.
- Nach einiger Zeit (3, 5, 7 Minuten, …) verlasse ich meinen Kraftplatz in dem Wissen, dass dieser immer da ist.
- Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge und öffne die Augen.
- Ich strecke mich und bin wieder zurück.
- Ich spüre nach, wie es mir jetzt geht. Was hat sich verändert?
Was hat sich bei euch verändert?
Jene unter euch, die das ausprobiert haben und die Übung nicht fertigmachen können, weil sie immer wieder einschlafen:
Kein Problem. Vielleicht ist das kurze Einnicken genau was ihr braucht. Das ist dann eure Art der Auszeit. Ein kurzes Schläfchen ist eine hervorragende Art Kraft zu sammeln.
Egal ob eingeschlafen oder nicht:
Nach dieser Übung bin ich wieder gestärkt. Ich bin ruhiger und gelassener und habe meist auf alles einen neuen Blickwinkel. Ich grüble nicht in meinen Gedanken, sondern fange nach meiner Auszeit wieder ganz neu an.
Das hilft mir, meine Gedanken neu zu ordnen und ich kann neue Ideen entwickeln.
Es wirkt sich immer positiv auf meine Kinder aus, denn auch sie können danach ruhiger sein.
Wenn ich nicht gestresst bin, sind auch sie weniger gestresst.
Kein Stress: eine gute Voraussetzung für erfolgreiches Lernen!
Für das Kind und die Eltern, die mit ihrem Kind lernen.
Ein bisschen Stress: auch eine gute Voraussetzung für erfolgreiches Lernen!
Vergesst nicht: Stress hat auch durchaus seine positiven Seiten. Er ist ein Teil jener Kraft, die uns am Leben erhält und uns in unserem Tun vorantreibt.
Guter Stress ist aufregend und macht gleichzeitig zufrieden. Er steigert unsere Konzentration, Aufmerksamkeit und Motivation. Wir können Herausforderungen besser erledigen und werden mit gestärktem Selbstvertrauen belohnt.