Montag … und alles dreht sich. Schulstart Mitte Mai. Zumindest für die jüngeren Kinder. Früher aufstehen und aus dem Haus gehen. Mit Schultasche und Schutzmaske bepackt.
Es geht wieder los!
Es ist unsicher, was auf die SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern zukommt. Wie wird es laufen?
Ein seltsames Gefühl ist immer mit dabei – keiner weiß, was morgen ist.
Was erwartet uns?
17 Schultage bis zur Zeugnisvergabe.
Was erhoffe ich mir?
LehrerInnen, die gemeinsam mit Schülern und Schülerinnen lernen, sich austauschen, reflektieren und sich Feedback geben.
Wie waren die vergangenen Wochen für mich? Wie ist es mir dabei ergangen?
Was habe ich in den letzten Wochen zuhause gelernt? Nicht nur an Inhalt, sondern im oder durch das selbständige Arbeiten.
Was war das Schwierigste für mich? Welche Grenzen hat es gegeben? Wo hätte ich Unterstützung gebraucht? Was geht mir beim zuhause lernen am meisten ab?
Waren die Aufgaben zu umfangreich? Wofür hätte man mehr Zeit gebraucht?
Was ist für mich im Homeschooling anstrengend? Was hat mir gefallen? Was motiviert mich und was macht allein so gar keinen Spaß?
Wie hätte ich mir Homeschooling gewünscht?
Wie können wir Homeschooling verbessern?
Fragen über Fragen auf die jetzt Antworten gefunden werden können, die jetzt gemeinsam besprochen werden können. Denn jetzt sind die Erfahrungen, die Erlebnisse, die Gefühle noch frisch, noch präsent. Jeder von uns erlebte diese Zeit unterschiedlich.
Ich wünsche mir, dass jetzt über „Distance Learning“ reflektiert wird. Vieles wird „schöngeredet“, manches unter den Tisch gekehrt, manches schlimmer dargestellt als es war und trotzdem noch genügend verharmlost.
Diese Reflexion ist wichtig für die Zukunft der Schule, die Zukunft des Unterrichts, die Zukunft unseres Lernens und die Zukunft jener SchülerInnen, die sich jetzt gerade in Ausbildung befinden. Wir haben auch in den nächsten Jahren Maturanten und Maturantinnen, Lehrlinge, die ihre Lehre abschließen, SchülerInnen, die einen Schulwechsel vor sich haben. Und die Pandemie ist, wenn wir Experten und Expertinnen vertrauen, noch nicht vorbei.
Aber dieses Schuljahr ist, bis auf einige Kleinigkeiten, vorbei und kann und sollte für Reflexionen genutzt werden, damit in einem Notfall, wie wir ihn jetzt erlebt haben, in Zukunft alle gerüstet sind. SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern.
Was befürchten wir?
12 Tage vollgestopft mit Prüfungen, schriftlichen und mündlichen Wiederholungen, Leistungsstand-Feststellungen, Tests.
Weshalb diese Befürchtung? Viele LehrerInnen aber auch Eltern sind der Meinung, dass die Kinder und Jugendlichen „Corona-Ferien“ hatten, nur vor Computerspielen und Fernsehserien hingen und nichts gemacht haben.
Was haben wir und befreundete Familien in den vergangenen Wochen erlebt?
Kinder und Jugendliche, die ein riesiges Pensum an Arbeitsaufgaben zu erledigen hatten, das vermutlich niemals in diesem Umfang in ein oder zwei Wochenstunden erledigt worden wäre.
Kinder und Jugendliche, deren gemachte Aufgabe mit 0 Punkten beurteilt wurde, weil andere aus der Klasse ähnliche oder gleiche Ergebnisse hatten.
LehrerInnen, die nicht auf Emails reagierten.
Kinder und Jugendliche, die vormittags und nachmittags an den Aufgaben saßen.
LehrerInnen, die fast drei Wochen brauchten, bis ein Moodle-Kurs erstellt war.
LehrerInnen, die sich in „Teams“, „Zoom“, … einarbeiteten, um Online-Unterricht abhalten zu können.
LehrerInnen, die sich bemühen, mit VS-Schülern über E-Mail Kontakt zu halten.
LehrerInnen, die 8 Wochen keine einzige persönliche Mittteilung an die SchülerInnen schreiben, nur Arbeitsaufgaben.
LehrerInnen, die sich bei SchülerInnen beschwerten, weil es keine Schularbeiten mehr geben wird.
Kinder und Jugendliche, die am Wochenende nichts für die Schule machen mussten, wenn sie während der Woche eifrig arbeiteten.
SchülerInnen, die sich in Fächern verbessern konnten, da das Lernen und Vertiefen von Inhalten nicht durch Lernen auf Schularbeiten unterbrochen wurde.
Mamas und Papas, die mit ihren Kindern Arbeitspläne abarbeiteten und LehrerInnen und Eltern gleichzeitig sein mussten.
Kinder und Jugendliche, denen die Motivation fehlte.
Und heute, am ersten Schultag – was haben die Kinder und Jugendlichen da erlebt?
Menschenschlangen an den Eingängen … geordnetes Desinfizieren … in Reihen zur Klasse marschieren … geordnetes Hände waschen … Masken in den mitgebrachten Kunststoffbehältern ablegen … alleine an Tischen sitzen … sich in den Pausen nicht draußen aufhalten … WC-Besuche lieber während des Unterrichts und nicht in den Pausen erledigen … Mindestabstand in den Klassen und in den Gängen immer einhalten … Husten und Niesen in Armbeuge … Hände waschen …
Kein Platz für Spontanität … kein Platz für kindliche Freude, die sich in Bewegung, in Umarmungen, in Rangeleien ausdrückt … der Gehorsam und die Unterordnung stehen an erster Stelle … die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen wird in noch engere Bahnen gelenkt … Kinder stehen noch mehr unter Beobachtung … „Fehlverhalten“ kann und darf nicht akzeptiert werden …
Kein Schulleben, wie wir uns das vorstellen. Kein kindgerechtes Leben … kein Umfeld in dem frei gelernt werden kann. Im Gegenteil, noch mehr Frontalunterricht, noch weniger Gruppenarbeiten, noch weniger gemeinsames Forschen und Experimentieren, kein Singen, keine gemeinsamen Spiele im Sportunterricht.
17 Tage Schule können lang werden unter diesen Bedingungen.
Was werden wir daraus lernen? Wie wird sich das Schulsystem verändern? Wird es sich überhaupt verändern?
Gewöhnen sich unsere Kinder und Jugendlichen an die Einschränkungen? Vielleicht so sehr, dass sie ihnen irgendwann nichts mehr ausmachen? Dass die Einschränkungen zur Normalität ihres Schulalltags werden?
Ich vertraue darauf, dass sich Kinder und Jugendliche ihre Freiräume wieder zurückerobern.
Auf Kinder und die Jugend ist schließlich Verlass!
Alles Liebe
Christa