Alle Jahre wieder im Frühling finden in Österreich die Schulreifetests an den Volksschulen (Grundschulen) statt.
Für viele Kinder eine aufregende und oft heißersehnte Zeit, da sie das erste Mal für einen längeren Zeitraum in die Schule gehen und zeigen dürfen, was sie bereits alles können.
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Je nachdem wie die Schule den Test gestaltet, befindet sich das Kind eine oder mehrere Stunden in der Schule und absolviert an vorbereiteten Stationen oder in Kleingruppen mit einem Lehrer Übungen, die die kognitive, motorische, emotionale und soziale Kompetenz des Kindes unter die Lupe nehmen. Bälle werfen und fangen, Klettern und Springen, Schneiden, Bilder sortieren, logische Reihen vervollständigen, Würfelspiele, Lösungen für Probleme in Geschichten finden, um nur einige Möglichkeiten zu nennen. Alles wird spielerisch aufbereitet, damit es möglichst wenig einer Testsituation gleicht.
Trotzdem ist es eine Testung, die über den Start der Schullaufbahn des eigenen Kindes entscheidet. Und das Wissen um diesen Umstand macht viele Eltern nervös.
Warum macht das Eltern nervös?
Jeder Elternteil wünscht sich für sein Kind nur das Beste. Es soll sich gut entwickeln, es soll gesund sein, es soll glücklich sein, es soll viele Freunde haben, es soll einen angesehenen Beruf haben und viel Geld verdienen, es soll einen liebevollen Partner finden und vieles mehr und damit das alles klappt, muss es eine „brillante“ Schullaufbahn hinlegen. Viele Eltern wünschen sich das, denn das eigene Kind soll es auf jeden Fall mal besser haben als sie selbst.
So ist die Angst vor dem Schulreifetest meist viel mehr in den Eltern verankert, weniger in den Kindern. Kinder stürzen sich fast immer voll Freude und Zuversicht ins Abenteuer Schule und stellen sich voll Vertrauen in ihre eigenen Leistungen den gestellten Aufgaben.
Die Frage, die sich mir zu diesem Thema stellt, ist: Warum belastet uns Eltern der Ausgang des Schulreifetests so sehr?
Ist es Scham, weil unser Kind die erste Hürde nicht auf Anhieb geschafft hat und nun die Vorschule besuchen muss?
Sind wir über uns selbst enttäuscht, weil wir unser Kind scheinbar nicht genug gefördert haben?
Können wir mit der Enttäuschung des Kindes schwer umgehen, wenn es erfährt, dass es nicht mit seinen Freunden in die erste Klasse, sondern in die Vorschule kommt?
Ja, immer wieder taucht die Vorschule in unseren Köpfen auf und mit der Vorschule verbinden wir… ja was verbinden wir mit dem Wort Vorschule denn?
Viele Erwachsene äußern sich positiv über die Vorschule, jedoch wenn das eigene Kind „in Gefahr ist“, diese besuchen zu „müssen“, ist der Schrecken oft sehr groß. Dabei muss das nicht sein.
Die Vorschule ist eine wichtige Institution, die über die Intelligenz eines Menschen keine Auskunft erteilt. Sie ist eine sinnvolle Einrichtung für Kinder, die sich in einem langsameren Tempo entwickeln, die gegenüber anderen schulpflichtigen Kindern sehr jung sind, die aufgrund einer schweren Krankheit, Anpassungsschwierigkeiten nach der Geburt, z.B. bei Frühgeburt oder durch schwierige familiäre Verhältnisse ein Jahr des Übergangs brauchen. Besser noch sollte sie als Geschenk betrachtet werden, denn es ist ein zusätzliches Jahr Kindheit, in dem sich die Persönlichkeit und auch die Begabungen und Fertigkeiten weiterentwickeln und reifen können. Keinesfalls sollte ein Vorschuljahr als Bestrafung für das Kind angesehen werden oder als Stigma betrachtet werden.
Leider haben in vergangenen Jahren viele Kinder durch den Besuch der Vorschule Kränkungen erlebt, und diese Kränkungen sitzen sehr tief und haben oft lebenslang Auswirkungen auf das Selbstbild und das eigene Handeln. Es sind jene Menschen, die ihre seelischen Verletzungen bis ins Erwachsenenalter mitnehmen und versuchen, diese Gefühle der Scham und der Trauer ihren eigenen Kindern zu ersparen.
Gesamt betrachtet hat sich der Ruf der Vorschule seit meiner Schulzeit erheblich verändert und viele Eltern sehen in einem Vorschuljahr auch als Chance, die sich einem Kind bieten kann.
Eine positive Einstellung gegenüber der Vorschule bzw. den Vorschülern wünschen sich Eltern auch von den Lehrern. Mit der Vorschule zu drohen, wenn sich ein Kind während des Unterrichts nicht entsprechend verhält, trägt natürlich nicht zur Imageverbesserung dieser Schulform bei.
Gerade die Schule selbst hat hier einen großen Bedarf, mit den Vorurteilen gegenüber der Vorschule aufzuräumen. Die Anmerkung „Vorschule ist nicht so schlimm“ reicht hier nicht. Besonders im ländlichen Raum, wo Vorschüler häufig in der 1. Klasse integriert sind, ist besonderes Geschick des Pädagogen gefragt und eine positive Haltung gegenüber den Vorschulkindern als Vorbild für die Kinder und Eltern unumgänglich.
Was kannst du tun, um Sicherheit zu erlangen?
Wenn du dir unsicher bist, ob dein Kind bereits die Schulreife erlangt hat, empfehle ich dir:
- Nimm dir die Zeit und beobachte dein Kind beim Spielen mit sich und mit anderen Kindern. Versuche deine Aufmerksamkeit bewusst darauf zu fokussieren, was dein Kind gut kann, wie es reagiert, wie es mit Schwierigkeiten umgeht. Aber schaue auch darauf, wo du Unsicherheiten entdeckst.
- Sprich mit der Kindergartenpädagogin und lasse dir erzählen, wie sie dein Kind wahrnimmt. Kinder verhalten sich im Kindergarten meist anders als zu Hause. Vergleiche ihre Einschätzung und ihre Beobachtungen mit deinen eigenen. So wird das Bild deines Kindes umfangreicher und facettenreicher. Als Kindergartenpädagogin weiß sie auch, welche Voraussetzungen dein Kind für die Schule mitbringen sollte und kann dich darüber gut informieren.
- Eine weitere Möglichkeit ist es, dein Kind bei einer schulpsychologischen Stelle vorab testen zu lassen, um Sicherheit zu erlangen. Im Internet gibt es auch Schulreifetests zum Ausdrucken. Ich empfehle dir, mit deinem eigenen Kind keine Testsituation durchzuführen. Wenn du schauen willst, ob dein Kind angegebene Aufgaben durchführen kann, dann biete hin und wieder ein oder zwei Aufgaben an und beobachte dein Kind dabei. Aber vergiss nicht: auch Kinder dürfen Fehler machen! Und bei einer Testaufgabe geht es oft auch um die Herangehensweise und den Einsatz des Kindes und nicht nur um das perfekte Ergebnis.
Was wirklich wichtig ist und wie du dein Kind unterstützen kannst!
Gedanken rund um die Schulreife deines Kindes sind wichtig und deine Beobachtungen und Informationen von Seiten des Kindergartens machen Sinn und dich sicher, wo dein Kind steht.
Vertraue darauf, dass dein Kind sich seinem Lebensplan entsprechend entwickelt. Achte darauf, nicht nur die kognitive und motorische Entwicklung in den Mittelpunkt deiner Beobachtungen zu stellen. Die soziale und emotionale Entwicklung ist ebenso wichtig und sagt sehr viel über dein Kind und seine Herangehensweise an das Leben aus.
Dein Kind braucht dich als Mutter und Vater, es braucht deine bedingungslose Liebe und deine Fürsorge.
Du unterstützt dein Kind vor der Schule am besten, wenn du ihm genügend Zeit zum Spielen und zum Erfahrungen sammeln lässt. Die sinnlichen Erfahrungen stehen neben den sozialen Erfahrungen ganz oben auf der Liste.
Spielplätze mit Schaukeln, Rutschen, Spielgeräten oder noch besser Bäumen zum Klettern, Wippen, Sandkästen und Wasserstraßen oder kleine Bäche, Labyrinthe zum Verstecken, Wiesen, die zum Laufen und Toben einladen und Karusselle, die die Welt in einem gänzlich neuen Blickwinkel zeigen, schulen die sensomotorische Entwicklung deines Kindes. Das Kind erlebt sich in und im Zusammenhang mit seiner Umwelt und erhält umfassende Informationen über sich, seinen Körper und seine Kräfte. Durch viele Wiederholungen wird Bekanntes gefestigt und zahlreiche neue Erfahrungen können einfacher integriert werden. Zusätzlich unterstützt werden die sinnlichen Erfahrungen durch die sozialen Kontakte, die auf Spielplätzen gemacht werden können.
Freies Spiel, wie Rollenspiele, Bewegungsspiele, Forschen, Entdecken und Träumen sind für Kinder wichtige und ernstzunehmende Lerneinheiten. Auf diese Weise lernt dein Kind im Kindergartenalter.
Spielen liefert deinem Kind viele Gelegenheiten, um Sinnesinformationen zu verarbeiten und zu integrieren.1 Das wiederum bildet das Fundament für komplexere Prozesse, wie Schreiben, Lesen und Rechnen.2
Es braucht in einer Familie keine künstlichen Lernsituationen und keine toll ausgeklügelten Events.
Lass dein Kind seiner inneren Motivation folgen und unterstütze es dabei Kind sein zu dürfen!
Alles Liebe
Christa
Wenn du Einblick in die Entwicklungsprozesse von Kindern erhalten und dein Wissen über die Entwicklung und Verarbeitung der Sinne erweitern möchtest, empfehle ich dir das Buch „Bausteine der kindlichen Entwicklung“ von A. Jean Ayres. Hier geht es zu meiner Buchvorstellung.