Seit Wochen gehen Schüler auf die Straße. Sie setzen sich ein für ihre Welt, für das Klima für ihr zukünftiges Leben. Je mehr Schüler sich den Demonstrationen anschließen, umso unruhiger werden Politiker, Direktoren, Lehrer und auch Eltern. Je deutlicher wird, dass es den Jugendlichen Ernst ist, dass diese Demos kein Spiel sind, dass die Jugend zielstrebig und beharrlich dranbleibt, umso lauter werden Gegenstimmen, aber auch die Stimmen der Unterstützer.
Es ist einer der wichtigsten Entwicklungsprozesse von Jugendlichen sich selbst zu finden, sich „neu“ zu gestalten, anders als ihre Eltern, ihre Lehrer und andere Erwachsene und Erwachsenen auch mal die Stirn zu bieten. Sich eine Meinung zu bilden, Interesse am eigenen Leben zu entwickeln, an die Zukunft zu denken und aktiv das zukünftige Leben zu gestalten.
Viele Erwachsene werfen der Jugend von heute vor, sich zu wenig sozial zu engagieren, nur am Handy zu hängen, unhöflich zu sein, nur an sich selbst denkend.
Eltern sind manchmal im Zweifel, ob ihre Kinder „rechtzeitig“ erwachsen und selbständig werden.
Siehe da! Plötzlich passiert Veränderung!
Junge Menschen auf der ganzen Welt sind wachgerüttelt, machen sich auf die Beine, um für ihre Zukunft zu kämpfen, für eine lebenswerte Welt für sich und die Generationen danach.
Und es passiert Unfassbares!
Erwachsene nehmen die Anliegen der jungen Leute nicht ernst, weil sie während der Schulzeit auf sich aufmerksam machen, weil sie nicht genug „Fachmann“ für dieses Thema sind. Weil sie sich anstatt mit Schule mit ihrem Leben beschäftigen.
Im Bildungswesen tätige Menschen verurteilen die Jugendlichen und drohen mit Strafen, da sie sich ihr Recht auf Streik während der Unterrichtszeit nehmen.
Erwachsene blicken verächtlich auf die jungen Menschen herab, weil sie sich aktiv für etwas einsetzen, auf Missstände aufmerksam machen und beharrlich am Thema dranbleiben.
Und dann bleiben da noch die Eltern der Streikenden, manche ebenso verurteilend, wie Außenstehende. Aber viele hin- und hergerissen zwischen dem Pflichtgefühl dafür zu sorgen, dass ihre Kinder die Schule besuchen und dem Verständnis für ihre Kinder, denn auch sie wünschen sich für ihre Nachkommen eine lebenswerte Welt.
„Streik ist ein Grundrecht“, so Michael Rovina, Rechtsexperte im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB).1 (In Österreich)
Somit steht eigentlich fest. Junge Menschen dürfen streiken!
Und junge Menschen streiken natürlich während der Schulzeit, damit sie gesehen werden.
Wenn Arbeitnehmer der öffentlichen Verkehrsmittel am Sonntagvormittag für bessere Bezahlung streiken würden, wäre das vielen Menschen egal, dazu braucht es einen „Montags-Streik“.
Wenn Lehrer am Samstagnachmittag für besser Arbeitsbedingungen in Schulen streiken würden, dann bräuchte es auch den „Montags-Streik“.
Und genauso ist es bei den Schülern. Wirklich gesehen wird Streik nur dann, wenn etwas unerledigt bleibt, etwas nicht eingehalten wird, jemand nicht da ist, der an dieser Stelle fehlt und gebraucht wird. Ob in Arbeit oder Schule!
Wie begegnest du als Elternteil deinem streikenden Kind?
Wichtigstes zuerst!
Deinem Kind den nötigen Respekt entgegenbringen!
Dazu gehören Zuhören, viele Gespräche und Meinungsaustausch über das Thema „Klimawandel“ und „Klimaziele“ selbst.
Was bewegt dein Kind? Was sind seine Gedanken? Was ist seine Motivation? Was möchte es bewirken? Welchen Beitrag können wir selbst leisten? Was sind seine Erwartungen?
Das Wissen der jungen Menschen wird von uns Erwachsenen häufig unterschätzt. Nutze diese Gelegenheit dich von und mit deinem Kind zu informieren und gemeinsam zu lernen.
Unterricht und/oder Streik!?
Aber auch das Gespräch über die versäumten Unterrichtsstunden und der Vereinbarkeit von Schule und Streik bleibt nicht aus. Jede Familie ist gefordert mit seinen Kindern eine Lösung zu finden.
Sich vor dem Gespräch schon über einige Fragen Gedanken zu machen ist bestimmt sehr hilfreich. Die Wahrnehmung der eigenen Grenzen ist die Grundvoraussetzung für ein gelingendes Gespräch.
Was kann und möchte ich als Elternteil erlauben oder ermöglichen und wo liegen meine persönlichen Grenzen?
Wie komme ich mit den (unentschuldigten) Fehlstunden klar?
Kann ich es akzeptieren, dass auch Tests und Schularbeiten versäumt werden?
Wie viele Fehlstunden erlaube ich? Kann ich überhaupt Fehlstunden erlauben?
Es ist herausfordernd und nicht immer einfach richtige Entscheidungen zu treffen und Kompromisse zu finden, die für alle zufriedenstellend sind.
Vereinbarungen müssen auch immer wieder an Veränderungen angepasst werden! Was heute möglich ist, ist unter Umständen in drei Wochen wieder neu zu besprechen!
Konsequenzen!?
Auch mögliche Konsequenzen sollten mit Jugendlichen besprochen werden und dabei ist natürlich wichtig, dass auch du als Elternteil mit erwarteten Konsequenzen für dein Kind (die von einer schlechten Betragensnote bis zur Wiederholung eines Schuljahres reichen können), leben kannst.
Vertrau deinem Kind und unterstütze es bei seinen Vorhaben. Begleite es und mache dir selbst ein Bild auf den stattfindenden Demonstrationen. Lass dich anstecken von den jungen Leuten, anstecken vom Enthusiasmus der Jugend, sich einzusetzen für sich, für eine Zukunft, für ein lebenswertes Leben auf unserem Planeten.
Auch das ist Teil deines Eltern Daseins! Das ist Entwicklung! Das ist Bildung!
Alles Liebe
Christa