Das neue Schuljahr hat begonnen und der Schulalltag holt uns in der Sekunde des Aufstehens sofort wieder ein.
Mein Mann ist müde, die Kinder sind müde und ich bin es auch. Zwei Wochen sind wieder mal zu schnell vergangen, obwohl jeder versuchte, seine Freizeit für sich, für Familie und Freunde zu nutzen.
Schulgedanken wurden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben und insgeheim hatten wir gehofft, dass dieser Zeitpunkt nie kommen würde.
Aber ein Neustart nach den Ferien trägt auch immer etwas Positives in sich:
- Unser Tagesablauf erhält wieder mehr Struktur.
- Unser Gehirn erhält regelmäßigen Input.
- Unser Tun und Handeln wird wieder zielgerichteter und unser Leben erhält dadurch Sinn.
- Jeder Beginn weckt neue Energien.
Der Blick auf den Familienkalender verrät mir, dass in diesem Monat noch viel zu tun ist.
6 Schularbeiten in den nächsten 4 Wochen. Nachmittage, die durchdacht geplant sein müssen, damit sich jedes Kind optimal vorbereiten kann und Freizeit nicht zu kurz kommt. Freizeit für alle in der Familie, nicht nur für die Kinder.
Denn wir Eltern wissen längst, dass Schule immer die gesamte Familie betrifft, nicht nur die, die sie gerade besuchen.
Gleich nach dem ersten Schultag wird der Schularbeitsstoff für Mathe studiert – die Kompetenzliste!
Kompetenzen, Grundkompetenzen, kompetenzorientiert, Kompetenzteil, … unsere „neuen“ Schulwörter, die uns speziell im Matheunterricht begleiten.
Aber was hat es mit diesen Kompetenzen auf sich und was bedeutet das für unser Lernen?
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Definition „Kompetenz“
Erst mal eine Definition vom Wort Kompetenz, an der sich das Bildungsinstitut „bifie“ (Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens) orientiert.
Das Institut greift beim Kompetenzbegriff auf die Definition des deutschen Psychologen Franz Emanuel Weinert (1930 – 2001) zurück.
Dieser definierte Kompetenz als
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“.
Ist natürlich nicht ganz einfach formuliert, macht aber bei mehrmaligem Lesen durchaus Sinn und gibt an, welches Ziel sich das österreichische Bildungssystem setzt.
In den Informationsunterlagen für Lehrer/-innen „Kompetenzorientierter Unterricht in Theorie und Praxis“ aus dem Jahr 2011 steht noch einmal in einfacheren Worten, worauf das österreichische Schulwesen seinen Schwerpunkt legt. Darin wird geschrieben:
Die Verknüpfung von Wissen und Können, vor allem die Bereitschaft diese Fähigkeiten erfolgreich in unterschiedlichen Situationen (also flexibel) einzusetzen.
Die Umstrukturierung auf den kompetenzorientierten Unterricht in den vergangenen Jahren zielt folglich darauf ab: Weg vom sturen Auswendiglernen toten Wissens, hin zu einem fundierten Basiswissen, das einen Bezug zur Lebenswelt unserer Kinder hat und sie motiviert, sich weiterzubilden und das Gelernte anzuwenden.
Weiters zielt es auch darauf ab, dass unsere Kinder das Gelernte in unterschiedlichen Situationen und Aufgabenfeldern anwenden können und auch motiviert sind, sich von sich aus damit zu beschäftigen. Somit ist die Eigeninitiative jedes Schülers und jeder Schülerin gefragt.
Was gehört zum Erwerb der Grundkompetenzen?
- Erwerb von Basiswissen bzw. Basiskönnen auf einem bestimmten Lern- oder Wissensgebiet
- Schaffung von Lernvoraussetzungen für den weiteren Wissenserwerb
- Schaffung einer Basis für einen möglichen Lerntransfer
(Lerntransfer ist die Fähigkeit, gelernte Problemlösungen auf vergleichbare Situationen übertragen zu können)
Für eine gute Allgemeinbildung eines Menschen ist es erforderlich, sich in allen Bereichen die nötigen Grundkompetenzen anzueignen.
Die Grundkompetenzen geben also das Lernziel, das unser Kind erreichen soll, an.
Die Kompetenzcheckliste vor der Mathematikschularbeit macht uns transparent, welches Wissen und Können bei der Prüfung gefragt ist und stellt somit eine Orientierung für uns und unsere Kinder dar.
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Ich beschreibe euch anhand von 5 Beispielen wie einzelne Punkte in einer Kompetenzcheckliste formuliert sein können:
- Ich kenne die Vorrangregeln bei der Verbindung der Grundrechnungsarten.
- Ich kenne den Begriff „Variable“ und weiß, was Variable sind.
- Ich kann Textaufgaben aus dem Kontext zu Flächeninhalten und Umfang lösen und sinnvolle Antwortsätze formulieren.
- Ich kann zu einem gegebenen Säulen- bzw. Balkendiagramm Aussagen treffen.
- Ich kann selbst Terme/Gleichungen zu Textaufgaben interpretieren.
Die Auseinandersetzung mit den Grundkompetenzen beim Lernen von Mathematik ist unumgänglich, sowohl für uns Eltern, als auch für unsere Kinder.
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Ich kann mich noch an den Tag erinnern, als vor der ersten Schularbeit die Kompetenzcheckliste ins Haus flatterte. Ich war gestresst und alles erschien mir so kompliziert. Beim Durchgehen der Punkte hatte ich das Gefühl, mein Kind hatte von manchen Themen noch gar nichts gehört und andere nur so sporadisch im Kopf. Viele Formulierungen machten mich unsicher: „Was mag er da alles darunter verstehen?“ „Wie meint er denn das?“ Es war wirklich nicht einfach!
Vor allem für mein Kind war es zu schwierig, sich neben all den Hausaufgaben und Vorbereitungen für Stundenwiederholungen in so kurzer Zeit mit den Themen detailliert zu beschäftigen.
Ein Plan musste her und zwar schnell!
Ich fasste den Entschluss, dass ich das Mathebuch und das Schulübungsheft durchforsten und die Kompetenzpunkte mit dem gelernten Stoff durcharbeiten musste.
Denn es ist eine Sache, den Schulstoff als Eltern zu beherrschen, aber es ist eine völlig neue Herausforderung, den Stoff zu erklären und Fragen zu beantworten.
Hals über Kopf stürzte ich mich ins Abenteuer Mathematik und entdeckte dabei den ersten Schritt zum Lernerfolg!
Der 1. Schritt – Erarbeiten der Grundkompetenzen
Es ist wichtig, sich jeden Punkt der Checkliste einzeln herauszunehmen und sich darüber Gedanken zu machen, was in diesem Punkt alles enthalten ist.
Was brauche ich, damit ich diesen Punkt als „gekonnt“ abhaken kann?
Ein praktisches Beispiel für das Erarbeiten von Grundkompetenzen:
Ich gehe nun auf das erste Beispiel der Checkliste ein und erkläre, welches Wissen an Grundkompetenzen hier enthalten ist:
- Ich kenne die Vorrangregeln bei der Verbindung der Grundrechnungsarten.
- Ich weiß was die vier Grundrechnungsarten sind und kann sie mathematisch richtig benennen.
- Ich kann mit den 4 Grundrechnungsarten rechnen.
- Ich weiß wie die Vorrangregeln heißen.
- Ich kann die Vorrangregeln beim Rechnen einhalten.
Im Mathematikbuch las ich die Merksätze durch und ordnete sie passend zu. Somit hatte ich einen Überblick darüber, was mein Kind zu den einzelnen Punkten theoretisch wissen musste.
Nachdem ich mir selbst darüber klar war, setzte ich mich mit meinem Kind zusammen und besprach die einzelnen Punkte. Ich ließ mir erklären, was es zu den einzelnen Fragen schon weiß und wo noch Unsicherheiten waren. So wiederholten wir, in kleine Portionen aufgeteilt, den gesamten Stoff.
Dieses theoretische Wissen, das Verstehen der Merksätze und die Fähigkeit, sie wiedergeben und erklären zu können, ist Teil der Kompetenzen. Außerdem ist das auch die Voraussetzung dafür, schwierigere und weiterführende Beispiele lösen können.
Das Wissen um Grundkompetenzen ist wie ein Turm aus Holzbausteinen. Fehlt der unterste Stein, die Basis, so kann der Turm nicht gebaut werden. Wird die Basis vergessen, kann der Turm einstürzen.
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Nach dem theoretischen Erarbeiten der Grundkompetenzen anhand der Checkliste geht es ans Rechnen der Beispiele.
Ja, das klingt nach richtig viel Arbeit und das ist es auch. Vor allem zu Beginn.
Ihr werdet sehen, dass ihr nach einiger Zeit ein Gefühl dafür entwickelt, welches Wissen an dieser Stelle gefragt ist und die stetige Wiederholung euch richtig schnell macht.
Setzt euch dran und erarbeitet die Grundkompetenzen für ein besseres Mathematikgefühl.
Die Punkte des ersten Schrittes nochmals zusammengefasst:
- Eine Grundkompetenz aus der Checkliste herausnehmen
- Kompetenz eventuell in einzelne Teilgebiete splitten
- Relevante Merksätze zuordnen
- In kleinen Portionen mit dem Kind lernen und wiederholen
Dieser Schritt ist der 1. Schritt in erfolgreiches und selbständiges Lernen eures Kindes.
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Der Lern-Tipp der Woche 😉
Mathematik hat eine eigene Sprache. Sei dir dieser Sprache bewusst!
Lerne immer die mathematischen Begriffe. Wiederhole sie regelmäßig und verinnerliche sie so.
Die Verinnerlichung bewirkt, dass wir beim Mathe lernen mathematisch denken.
Es fällt uns dadurch leichter, die Fragen und Beispiele zu verstehen.